Feuer und Rauch

Es war eine lange, ausgesprochen lustige Freitagnacht gewesen. Gegen Ende hatten wir ewig lange versucht, dem niedergebrannten Lagerfeuer doch noch ein paar erhellende Flammen zu entlocken und dabei gleichzeitig den rauchenden Schwaden auszuweichen. Aber die Augen tränten trotzdem immer wieder, und wir gaben dann letztendlich auf.

Am nächsten Tag, also am Samstag, so kurz vor Ladenschluss, fiel mir ein, dass ich unbedingt noch etwas einkaufen wollte.

Also schlüpfte ich leicht verschlafen in die Hose und bemerkte erst beim Pullover überziehen, einen heftigen Feuergeruch an den Klamotten. Schnell einen anderen Pullover nehmen, ging gerade noch, für einen Hosenwechsel schien es mir jetzt etwas zu spät.

Ich schaffte es jedoch rechtzeitig vor Ladenschluss da zu sein und spurtete durch die Regale, um an der Kasse dann abrupt gestoppt zu werden.

Eine Bio-Milch einkaufende, gut gekleidete Dame, wartete geduldig vor mir.

Davor stand wiederum ein nach vorn gebeugter junger Mann, der aufgeregt in seinen Taschen wühlte und gerade eine große Flasche mit hochprozentigem "Schlehenfeuer" bezahlen wollte. Diese allseits bekannte, dunkle Flasche mit dem gemütlichen Flammenbild auf dem Etikett.

"Wie alt sind Sie denn?", fragte die aufmerksame Kassiererin pflichtgemäß.

Dem jungen Mann schwoll sogleich sichtlich der Hals und es kam kurz und gepresst, die entrüstete Antwort: "Achtzehn!"

Er schien ziemlich angefasst zu sein.
Er suchte weiter angestrengt und hatte plötzlich fast die gesamte Aufmerksamkeit der Schlange auf sich gezogen.

Die Situation wirkte nunmehr unbegründet angespannt.

Nachdem sie sich das aufgeregte Taschengewühle einige Momente mit angesehen hatte, sagte die Dame mit der Milch charmant und freundlich lächelnd: "Oh, fragen Sie mich doch bitte auch gleich nach meinem Alter. Bitte..."

"Wegen der BIO-Milch?", fragte die auffällig blass geschminkte Kassiererin freundlich und mit einem breiten Grinsen ihrer feuerroten Lippen.

Was folgerichtig bei fast allen Umstehenden ein heiteres Kichern oder auch wohlwollendes Feixen auslöste.

Nur der junge Mann, der blieb weiterhin erbost. Denn der hatte den Spaß leider nicht ganz mitbekommen. Nein, im Gegenteil, der fühlte sich nun zudem von allen ausgelacht.

Aber er zahlte letztendlich sein "Schlehenfeuer" und entfloh genervt dieser Situation.

Die Atmosphäre entspannte sich zusehends.

Die schlagfertige, lockere Verkäuferin scannte auch, mit einer freundlichen Begrüßung, meine drei "Samstags-spät-Frühstücks-Teile" ein.

Ich ging zwei Schritte weiter vor.

"Feuer!" brüllte sie plötzlich los. "Es brennt!" Und nochmal "Feuer!" Wobei sie sich hektisch umschaute und noch etwas blasser schien.

Niemand reagierte. Es sah auch nicht nach Feuer aus. Also es waren weder Rauch noch Flammen irgendwo zu sehen.

Ich stutzte. "Das ist meine Hose", sagte ich dann halblaut. Sie sah so ausgiebig und mit verständnislos prüfenden Blicken auf die derbe Leinenhose, direkt vor ihren Augen, dass ich darüber nachdachte, ob ich in meiner Verschlafenheit, den Reißverschluss eventuell nicht vollständig hochgezogen hatte.

Sie entdeckte aber auch dort keinerlei Feuer. Brüllte aber gleich nochmal los: "Feuer!" Sie hatte eine richtig kräftige Stimme.

Dass eine Frau an der Kasse, notgedrungen, in Augen- und insbesondere in Nasenhöhe mit meiner rauchgeschwängerten Hose sitzen könnte, darüber hatte ich bei meiner hurtigen Kleiderwahl wirklich nicht nachgedacht.

Sie hingegen hatte wohl gerade einen Kurs "Verhalten bei Feuer im Supermarkt" oder so absolviert und legte nochmals los. "Feuer! Es brennt!" schrie sie. Gott sei dank hatte sie keinen Feuermelder in ihrer Nähe.
Die Vorstellung von Sirenengeheul wegen meiner verrauchten Hose, das hätte mir gerade noch gefehlt. Zudem womöglich einen Feuerwehreinsatz, nebst Zeitungsartikel am nächsten Tag.
Im Hintergrund piepte hysterisch ein Bankautomat. Er machte mich etwas nervös.

Obwohl es mir etwas peinlich war, aber um sie zu beruhigen, versuchte ich es wieder:"Es ist nur meine Hose!"

Es war mir wirklich unangenehm, ihre oder die Aufmerksamkeit aller anderen Kunden darauf zu lenken. Denn es hat ja eventuell auch etwas leicht anrüchiges, wenn ich einer Frau, in Augenhöhe mit meinem Reißverschluss, den Zusammenhang von ihren "Feuergedanken" und meiner Hose näherbringen will.

 

Es besänftigte sie dann letztendlich überhaupt gar nichts und ich ließ es einfach sein, zückte mein Geld, zahlte schleunigst und nahm meinen "Lagerfeuer-Hosen-Geruch" vom Vorabend, einfach wieder mit vor die Tür. 

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