Kopfkino

 

 

Ich habe einmal mit angesehen, wie meine siebenjährige Tochter eines Nachmittags auf dem Schulhof, mit vollem Schwung und lautem Gedröhn, gegen den Holzbalken eines Spielgerätes gedonnert ist.

Sie hing anschließend halb bewusstlos, kopfüber am Gerät und schrie nicht einmal. Ich pflückte sie von der Metallstange. Den Schrecken können sich die meisten vermutlich vorstellen. Später wurde dann bei ihr eine Gehirnerschütterung festgestellt.

 

Heute Vormittag klingelte mein Bürotelefon. Eine mir unbekannte Nummer wurde auf dem Display angezeigt. Ich meldete mich also eher förmlich korrekt.

 

Am anderen Ende eine sympathische Frauenstimme.

Frau Grahm hier …“ - mein kopfinterner Namensspeicher arbeitet einen Augenblick und gerade als ich darauf gekommen war, wem die Stimme gehört, sagte sie es auch schon: „…aus der Schule“.

 

Mein Herz und auch mein Hirn machten einen Satz. Ihre Lehrerin. Ein hektischer Blick auf die Uhr. Eigentlich ist jetzt ganz normale Unterrichtszeit. Wo kam nur auf einmal das ganze Adrenalin her, das durch meinen Körper pulsierte. Scheiße! Angespannt hielt ich die Luft an.

 

Ihre Tochter liegt hier oben“, sagte sie zögerlich –mein Herz begann zu hämmern– „das heißt, nein, nicht oben“, verbesserte sie sich und schwieg einen ewig langen Moment. Scheinbar suchte sie nach dem richtigen Begriff –oohh mannn, das dauerte– „sondern hier unten, hier unten, im Hortraum, auf dem Hochbett oder wie das heißt …“.

 

Ich wusste wieder wie das ist, wenn einem das Herz bis zum Halse schlägt.

 

Um nicht laut flüsternd zu fragen was mit ihr ist, sagte ich beherrscht: „Auf der Hochebene meinen sie?…“.

 

Ja genau. Ihr ist übel“ – Jippieeh!!! Ihr ist übel! – „...und da ist ja im Moment ein Virus unterwegs. “ – Ja! Ja! Ja! Ein Virus! – „ Können sie sie vielleicht abholen?“

 

Ich glaube die freundliche Frau Grahm konnte mein ziemlich erleichtertes „Danke!“ am Ende unseres Gesprächs nicht recht einordnen. Und ich wunderte mich wieder einmal, was in winzigen Augenblicken so alles an intensiven Bildern im kopfeigenen Kino ablaufen kann.

 

Ich machte mich sofort auf den Weg, um mein krankes Kind aus der Grundschule abzuholen.

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