Motorrad


Ich verließ die kleine Postfiliale und stieg mit festen Stiefelschritten die Stufen hinunter. Zu meiner chromblitzenden Maschine.

Die abgeholten Briefe stopfte ich währenddessen in die Innentasche meiner schwarzen Lederkombi.

Ein eilfertiger Postbeamter, ganz in blaugrau gekleidet, fuhr mich überraschend und recht vehement von der Seite an. Mein Motorrad dürfe auf diesem Platz nicht parken, meinte er übertrieben aufgepumpt, mit schweißrotem Gesicht.

Ich stieg auf und nickte. Ich hatte klar die bessere Kombi an. Konnte jeder sehen.

Und ich hatte zudem frei. Die Maschine war sehr neu und sehr leise. Irgendwie Schade, fand ich zumindest in diesem Augenblick. Aber nachdem ich den Helm auf hatte, verstummte seine unangenehme, für einen Mann eigentlich viel zu hohe Stimme, dann letztendlich auch vollkommen.

Ich fuhr betont lässig an und rollte auf den Asphalt. Als ich jedoch im zweiten Gang beschleunigte, kam die eigentlich recht schwere Maschine, unvermittelt vorne hoch.

Ich drohte auf der Sitzbank nach hinten zu rutschen und klammerte mich an den Griffen fest. Wodurch ich die Gaszufuhr mit der rechten Hand noch etwas mehr erhöhte, als beabsichtigt. Zwanzig, dreißig, beinahe einhundert Meter heizte ich, mit abgehobenem Vorderrad, auf die Querstraße mit der roten Ampel zu. Mein Herz raste dabei ebenfalls auf Hochtouren.

Erst die harte Betätigung der Fußbremse für das Hinterrad, zwang den Vorderreifen wieder auf den Asphalt.

Puh, ich unterschätzte einfach manchmal, die mehr als doppelte Motorleistung und die dementsprechende Anzugskraft dieses neuen Motorrades.

Wochen später traf ich zufällig einen alten Bekannten namens Dieter.

 

Wir, also meine neue Freundin und ich, waren gerade zu Fuß auf dem Weg zum Postamt.

Dieter, der in der Straße wohnte, erwähnte überraschend und begeistert meine "Hochradfahrt" und war voller Bewunderung ob meiner Fahrkünste und der coolen Beherrschung solch einer kraftvollen Maschine.

Ich war davon verständlicherweise eher peinlich berührt und versuchte in mehreren Anläufen die Kurve zu kriegen, um auf ein anderes Thema zu gelangen.

Das klappte aber nicht und als er auch noch wissen wollte, wo man denn so fahren lernen könnte, beendete ich dann stattdessen sehr freundlich, aber etwas abrupt das ziemlich unrunde Gespräch.

Nun, manches löst man aus einem Impuls heraus nicht gleich auf. Vielleicht insbesondere nicht, wenn einem die neue Freundin gerade solche Blicke schenkt.

Das Postfach und mein Konto wurden allerdings direkt aufgelöst. Noch am gleichen Tag.

Witziger weise oder auch mit gewissem Vergnügen, geriet ich zufällig an den gleichen, blaugrauen Postbeamten, mit dem roten Gesicht.

Die unklare Parkplatzsituation war nun jedoch nicht noch einmal unser Thema. 

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