Das Sorgenflugzeug

Es brummte in der Luft. Über den Bäumen. Meine sorgfältig freigeschnittenen, etwas zu großen und sehr scharfen Jungenohren lauschten. Ich versuchte die Flugbahn zu bestimmen, um dieses Flugzeug durch eine der wenigen Lücken in den dichten Baumkronen zu erspähen. Es flog jedenfalls nicht geradeaus, das hörte man. Es machte einen großen Bogen. Und dann sah ich etwas. Es war kein Flugzeug, sondern ich erhaschte einen kurzen Blick auf ein Stück wehenden Stoff. Ein Stück, wie von einem großen Bettlaken, mit roten Buchstaben drauf. Es flatterte flüchtig vor einem kleinen blauen Himmelsfleck auf. Ich konnte damals schon etwas lesen und in diesem Moment des Entdeckens, brannte sich das Wort „SORGE“ in meinem Gehirn ein. Ich sehe es noch heute vor mir. Rot auf Weiß war das Wort „SORGE“ dort am Himmel entlang geflogen. Es sah wie ein senkrecht an der Wäscheleine hängendes Bettlaken aus, bewegte sich seitwärts und brummte.

 

Das machte mich sehr neugierig. Ich trottete weiter den schmalen Waldpfad entlang und versuchte dabei durch das Blätterdach zu linsen. Dieser vertraute Weg war eine Art Wildwechsel, der im Zickzack zwischen dem benachbarten Wald-Cafe und unserem dickwandigen, heimeligen Gemäuer verlief. Er führte durch Brombeergesträuch, niederes Buschwerk und Unterholz. Ich zerkratzte mir meine nackten Beine, weil ich wie ein „Hans-Guck-in-die-Luft“, immer wieder vom Weg abkam.

Dann sah ich es doch noch einmal. Das heißt, ich sah auch diesmal kein Flugzeug, aber das Wort war länger geworden, „FÜRSORGE“ konnte ich auf dem welligen Stoff entziffern, bevor der Brummton sich endgültig hinter den Baumkronen entfernte. Ein schönes Wort, dachte ich. „FÜRSORGE“. Da müssen wohl freundliche Menschen unterwegs sein. Die fliegen da am Himmel herum. Für uns vielleicht. Wegen unserer Sorgen. So malte ich es mir jedenfalls damals aus.

 

Im Herbst wurde ich überraschend krank. Eine üble Mittelohrentzündung. Mit heftigen Schmerzen. Tagelang musste ich still im Bett liegen. Am drittenTag hörte ich es am Himmel brummen. Leise zwar, aber laut genug, als das ich heimlich und in Gedanken, ein kleinen Teil der Ohrenschmerzen daran hängen konnte und beim leiser werdenden Motorengeräusch erleichtert einschlief. Es linderte irgendwie. Wenige Tage später hörte ich erneut dieses Geräusch und es hob sofort meine Stimmung, ich schickte flugs meine aktuellen Schmerzen und zwei bis drei andere, eher kleine Sorgen mit hinauf. Was nach meiner Meinung auch tatsächlich mithalf, mich schon bald gesund werden zu lassen.

 

Obwohl ich später dann ab und an mal selbst den Steuerknüppel in den Händen hielt, verspürte ich weiterhin den Impuls, sobald mich irgendwelche Sorgen beschäftigten oder ich krank darniederlag, jeder zufällig vorüberfliegenden Sportmaschine aufmerksam zu lauschen, um dann still und in meiner Phantasie, mein jeweiliges kleines Sorgenpaket an das immer leiser werdende Motorengeräusch anzuhängen.

 

Ehrlich gesagt, erfreut mich so ein entferntes gleichmäßiges Brummen am Himmel auch heute, nach so langer Zeit, immer noch. Beinahe jedes Mal.

 

Ich will es nicht verheimlichen, aber erst einige Jahre nach meiner Entdeckung des "Sorgenflugzeugs", erhellte sich unerwartet die eigentliche Bedeutung des Schriftzuges. Der Zusammenhang wurde mir plötzlich klar, als ich, anlässlich eines Sonntagsbesuches bei meinen Großeltern, den gesamten Schriftzug auf einem Plakat an einer Hauswand entzifferte. „Volks -FÜRSORGE“ stand darauf. „Versicherungen“.

 

 

Es brummte in der Luft. Über den Bäumen. Meine etwas großen und sehr scharfen Jungenohren lauschten. Ich versuchte die Flugbahn zu bestimmen, um dieses Flugzeug durch eine der wenigen Lücken in den dichten Baumkronen zu erspähen. Es flog jedenfalls nicht geradeaus, das hörte man. Es machte einen großen Bogen. Und dann sah ich etwas. Es war kein Flugzeug, sondern ich erhaschte einen kurzen Blick auf ein Stück wehenden Stoff. Ein Stück von einem großen Bettlaken, mit roten Buchstaben drauf. Es flatterte flüchtig vor einem kleinen blauen Himmelsfleck auf. Ich konnte damals schon etwas lesen und in diesem Moment des Entdeckens, brannte sich das Wort „SORGE“ in meinem Gehirn ein. Ich sehe es noch heute vor mir. Rot auf Weiß war das Wort „SORGE“ dort am Himmel entlang geflogen. Es sah wie ein senkrecht an der Wäscheleine hängendes Bettlaken aus, bewegte sich und brummte wie ein Flugzeug.

Das machte mich sehr neugierig. Ich trottete weiter den schmalen Waldpfad entlang und versuchte dabei durch das Blätterdach zu linsen. Dieser vertraute Weg war eine Art Wildwechsel, der im Zickzack zwischen dem benachbarten Wald-Cafe und unserem dickwandigem heimeligen Gemäuer verlief. Er führte durch Brombeergesträuch, niederes Buschwerk und Unterholz. Ich zerkratzte mir meine nackten Beine, weil ich wie ein „Hans-Guck-in-die-Luft“,  immer wieder vom Weg abkam. 

Dann sah ich es doch noch einmal. Das heißt, ich sah auch diesmal kein Flugzeug, aber das Wort war länger geworden, „FÜRSORGE“ konnte ich auf dem welligen Stoff entziffern, bevor der Ton sich endgültig hinter den Baumkronen entfernte.  Ein schönes Wort, dachte ich. „FÜRSORGE“. Da müssen wohl freundliche Menschen unterwegs sein. Die fliegen da am Himmel herum, wegen unserer vielen Sorgen. Für uns vielleicht. So etwas malte ich mir damals mit meinen sieben Jahren aus.

Im Herbst wurde ich überraschend krank. Eine üble Mittelohrentzündung. Mit heftigen Schmerzen. Tagelang musste ich still im Bett liegen. Am zweiten Tag hörte ich es am Himmel brummen. Leise zwar, aber laut genug, als das ich heimlich und in Gedanken, ein kleinen Teil der Ohrenschmerzen daran hängen konnte und beim leiser werdenden Motorengeräusch erleichtert einschlief. Es linderte irgendwie. Wenige Tage später hörte ich erneut dieses Geräusch und es hob sofort meine Stimmung, ich schickte flugs meine aktuellen Schmerzen und zwei bis drei andere, eher kleine Sorgen mit hinauf.  Was nach meiner Meinung auch tatsächlich mithalf, mich schon bald gesund zu machen.

Und, obwohl ich später dann ab und an mal selbst den Steuerknüppel in der Hand hatte, habe ich, sobald mich irgendwelche Sorgen beschäftigten oder ich krank darniederlag, jeder zufällig vorüberfliegenden Sportmaschine aufmerksam gelauscht, um dann still und in meiner Phantasie, mein kleines Sorgenpaket an das sich entfernende Motorengeräusch anzuhängen.

Ehrlich gesagt, erfreut mich so ein entferntes gleichmäßiges Brummen am Himmel auch heute, nach so vielen Jahren immer noch. Beinahe jedes Mal.

Ich will es nicht verheimlichen, aber erst einige Jahre nach meiner Entdeckung des Sorgenflugzeugs am Himmel, erhellte sich unerwartet die eigentliche Bedeutung des Schriftzuges. Der Zusammenhang wurde mir plötzlich klar, als ich, anlässlich eines Sonntagsbesuches bei meinen Großeltern, den gesamten Schriftzug auf einem Plakat an einer Hauswand entzifferte. „Volks -FÜRSORGE“ stand darauf. „Versicherungen“.
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