Malta

 

 

Ein weiteres mal auf Malta angekommen. Diesem felsig kargen, vom Mittelmeer umtosten Eiland.

Diesmal hatte ich den relativ weiten Flug allein zu Urlaubszwecken unternommen. Ich wollte mich ausruhen und nahm mir auch etwas mehr Zeit, um mir die abgelegeneren Landschaften in Ruhe anzusehen.

Das zu diesem Zweck geliehene Auto roch noch beinahe nagelneu.

Falls die Straße es zulässt, fährt man auf Malta allgemein links. Außerhalb der Ortschaften, auf den schmalen Landstraßen, wird rigoros die Fahrbahnmitte bevorzugt. Das heißt, der entgegenkommende, eingeborene Verkehrsteilnehmer, bleibt bis zum letzten Moment in der Mitte und reißt erst im letzten Augenblick das Lenkrad herum, um nach links auszuweichen. Für einen rechts geprägten Kontinentaleuropäer, eine nicht ganz ungefährliche, zumindest eine sehr ungewöhnliche Reaktion.

*

Auf den steinigen Hügeln, in Gegenden, die es ob der ungewohnten Kargheit zu erkunden lohnt, stieß ich auf lauter kleinere Hügel, oder besser gesagt, waren es aufgeschichtete Steinhaufen, auf deren höchstem Punkt, jeweils ein kleines Kreuz aufragte. Aus rostigem Metall und etwa so hoch wie eine kleine Fleischgabel.

Beim ersten Kreuz vermutete ich, ein Kind habe hier sein geliebtes Haustier begraben. Oder ein Hirte, seinen treuen Hütehund. Dann entdeckte ich noch einen, nein, noch zwei weitere vermeintliche Gräber.

Sehr ungewöhnlich, da sich weit und breit keine menschliche Ansiedlung befand.

Ich sah mich nochmals gründlich um. Keine Häuser, oder auch nur Ställe waren zu entdecken.

Nur immer noch mehr Grabstätten sprangen mir, so nach und nach, förmlich ins Gesichtsfeld. Ein sehr abgelegener Tierfriedhof, dachte ich. Steven Kings "Friedhof der Kuscheltiere" drängte sich in meine Gedanken.

Dann sah ich es: ein Vögelchen landete wie selbstverständlich auf einem der kleinen Kreuze. Dann noch eins auf einem weiteren und noch eins, etwas entfernter.

'Landeplätze für die weit reisenden Zugvögel!', schoss es mir durch den Kopf - welch eine wundervolle Idee. Nach tausenden von Kilometern, endlich ein Platz zum verschnaufen. Ein eisernes Malteser Kreuz.

*


So ähnlich erging es mir hier auf Malta ja gerade in diesem Urlaub auch. Endlich ein Platz, um ein wenig ausruhen.

Von Menschenhand errichtete Rastmöglichkeiten für erschöpfte Vögel.
Ich schmunzelte und war irgendwie gerührt.

Ich sah ganze Schulklassen vor meinem inneren Auge. Ja, alljährlich wiederkehrende Schulausflüge und fleißige Kinderhände, die liebevoll diese Rastmöglichkeiten in die Landschaft setzten.

Na ja, wohl doch eine etwas übertriebene Naturschutzidee, zweifelte ich einen kurzen Moment später. Irgendwie war mir gedanklich wohl der Malteser Rettungsdienst dazwischen gekommenen.

Aber zumindest ein schönes Gedankenbild. Auch für den Tourismus.

Ich fragte mich weiter, wer wohl diese Zeit und Arbeit investierte, damit die Zugvögel ein solch komfortabler Landeplatz erwartet.

*

Es knallte. Ich zuckte zusammen. Dann nochmal. Schüsse. Kurz hintereinander. Jäger!

Ich konnte zwar keine sehen und sie kamen auch nicht aus ihrem Versteck und die Vögel waren nun ebenfalls verschwunden. Aufgeflogen oder von Schrotkugeln erlegt.

"Was für ein Aufwand, für ein paar Gramm Singvogelfleisch," dachte ich auf dem Rückweg. Ich war ziemlich sauer.

Nicht nur, dass ich hätte getroffen werden können, wohl auch, weil ich mir, in meiner sonnigen Urlaubsstimmung recht ausufernde, naive Gedanken dazu geleistet hatte.

Bis zur Unterkunft musste ich dann zu allem Überfluss höllisch aufpassen, nicht auch noch selbst, zwei dieser waghalsigen Ausweichmanöver zum Opfer zu fallen.

Ich fand, vermutlich unbewusst, Malta seitdem nicht mehr gar so anziehend. Ich bin jedenfalls, aus irgendwelchen Gründen, nicht wieder dort gelandet.

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